Vom Wachsen und Werden

Solange meine Beratungspraxis noch im Wachsen begriffen ist, versuche ich meinen Arbeitsalltag durch Schreiben aufzuwerten. Schreiben, das mir Freude macht, schreiben was Besuchern dienlich sein kann, ..und während ich wachse, schreibe ich also.:)

 

Wachsen kann auch übertrieben werden, wenn es zu einem Zwang, einem Müssen wird. Mir fällt grad etwas ein, das ein bekannter österreichischer Süßwarenhersteller mal gesagt hat, und grad im Moment wieder ziemlich relevant ist. Und wenn jemand so gute Schokolade produziert, muss er wohl was Wahres zu sagen haben!:)

 

"Ich habe gelernt, dass es einfach einen Punkt gibt, ab dem es genug ist. Mehr ist dann nicht nötig. Unsere Wirtschaft muss das auch lernen. Es geht nicht um ständiges wirtschaftliches Wachstum. Es geht darum, auf anderen Gebieten zu wachsen, persönlich, sozial, intellektuell. Es geht darum, als Gemeinschaft zu wachsen, an Herausforderungen an Zielen."

Josef Zotter

 

Agree. Eine Klientin verzweifelt zuletzt an ihren  Glaubenssätzen, die sie immer wieder ins Zweifeln an sich selbst bringen. Da steckte dieser tiefe Zweifel dahinter: Darf ich sein wie ich bin? Gedanken wie: Ich sollte schon viel weiter sein! Die Anderen, die Anderen! Die können es ja auch, warum ich nicht? Dieses Vergleichen höre ich sehr oft von Klienten, und  ja, es kann uns dienlich sein, uns motivieren, anspornen. Ich finde aber ab einem bestimmten Punkt ist dieser Umgang mit sich selbst sehr unfair. Natürlich arbeite ich mit meiner Klientin an diesem Thema, und fragen uns vor allem was es da für sie noch braucht, um da etwas fairer mit sich selbst zu werden. Auch persönliches Wachstum kann übertrieben werden, Hyperreflektieren hat etwas von einem "Ich darf nicht sein, wie ich grade bin", kann auf etwas rastloses in uns hinweisen.

 

Ich dachte an einen Punkt meiner Reise zu mir selbst, an dem ich mir diese Frage stellte, "darf ich sein wie ich bin" - und es stellen sich viel mehr Menschen diese Frage, als wir vermuten würden. Viele Menschen orientieren sich, bewusst und unbewusst, an dem wie sie "sein sollen" an ihrem Umfeld, an inneren Einengungen, an dem was grad Mode ist, an ihrem Über-Ich, ach an so vielen völlig menschlichen Parametern. Das alles ist nicht falsch, und immer entstehen auch wertvolle Ressourcen aus solchen inneren Geschehnissen. Eine gesunde Selbstkritik, ein gesundes sich Hinterfragen ist eine sehr wertvolle Charaktereigenschaft. Werte können immer aber auch übertrieben werden, und werden dann zu Unwerten.(siehe Wertequadrat - Schulz von Thun)

 

Die Frage ist, ob es bewusste, freie, also tiefgeistige Entscheidungen sind, ob wir sie selbst gewählt haben, oder ob wir diese Entscheidungen aus einer Angst heraus (also Entscheidungen des "littleme") treffen - Angst davor nicht mehr dazuzugehören, abgelehnt zu werden, Angst davor allein zu sein? Das sind schon schwierige Emotionen, die uns da Widerstände bereiten. Denn wohl kaum ein Schmerz ist größer, kaum eine Angst bedrohlicher, als die nicht mehr dazuzugehören. Aber sagt sie uns auch wirklich die Wahrheit, die Emotion?

 

Bilder tauchen auf in mir von einer Blume, einer ganz gewöhnliche Blume, die ihren ganz einzigartigen Duft verströmt. Denken Sie eine dieser Blume würde sich fragen, ob sie das darf? Wenn Sie jetzt sagen, dieser Vergleich hinkt, ich bin ja schließlich keine Blume, dann fragen Sie sich vielleicht mal: Wie wäre es denn eine Blume zu sein, die einfach ist, und ihren ureigenen, zweifelsfreien Duft verströmt. Sie verströmen ohne Zweifel ihren Duft, locken Bienen an, bringen dadurch weitere Blumen hervor - klingt das freudvoll? 

 

Wenn Sie einen zweifelnden Duft verströmen, wen lockt das an? Zweifelhafte Gestalten? Was flüstert dieser Zweifel denn genau? Du musst anders sein, ist dieser Zweifel Ihnen wirklich dienlich? Lohnt es sich auf ihn zu hören? Welcher Boden bereitet dem Zweifel seinen Weg? Ist es womöglich ein  perfektionistischer Zweifel, der eigentlich sagt: Du bist nicht genug! Welchen Wert braucht es ihm zu begegnen? Mut vielleicht, vielleicht aber vielmehr Wahrheit. 

 

Ihr ureigener Duft besteht aus ihren Werten, aus dem was Sie wirklich ausmacht, Werte wirken da wie Magneten, sind wie Moleküle der Liebe, nach der wir uns alle sehnen. Denn es ist wahr: Wir dürfen sein, wie wir sind, solange wir uns und anderen in Liebe und Respekt begegnen. Verletzen wir niemanden, stehen wir einfach da, wo wir gerade stehen - und verströmen unseren Duft!:)) Ihr Weg hat sie hierhergeführt, vielleicht über Stock und Stein, viele Umwege, aber hierher in dieses Hier, in dieses Jetzt, und es macht keinen Sinn(!!) daran zu zweifeln, denn das Jetzt ist die einzige Zeit die wir haben.

 

 

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